Essays


Der Abschied von der Liebe

Wir alle leben vom Vergangenen und gehen am Vergangenen zugrunde (Goethe.)

Über Generationen haben die westlichen Kulturgesellschaften darauf hingearbeitet, Mangel zu beseitigen. Kinder dieser Tage entwickeln deshalb ein anderes Bewusstsein zur Existenz, als jene vergangener Zeiten. Schon früh mit jenen unveräußerlichen Rechten ausgestattet, brechen sie mit größtem Selbstverständnis zum Schüleraustausch nach Amerika oder Australien auf und besuchen als Studenten Universitäten auf anderen Kontinenten. Für sie gibt es weithin keine erkennbaren Grenzen, die Welt ist ein Dorf geworden.

Erwachsene, die den Übergang in die Welt der frei verfügbaren Waren und Chancen erlebt und mitgestaltet haben, tun sich schwerer mit der Gegenwart. Neben die Empfindung, nicht mehr uneingeschränkt zur Jugend zu gehören, tritt ein zweites schmerzendes Gefühl: Die Liebe geht verloren. Unbewusst den Gesetzen des Marktes gehorchend, glaubt man den Verlust mit Geld aufwiegen zu können. Doch Geld ist nicht der einzige und schon gar nicht der entscheidende Gegenwert, der für diese Welt voller Möglichkeiten aufgebracht werden muss. Denn um bereitwillig und unbeschadet all die Angebote konsumieren zu können, bedarf es dieses Verlustes und einer daraus folgenden Wandlung der emotionalen Strukturen des Menschen: Der Fähigkeit, Abschied von der Liebe nehmen zu können.

Dieser Abschied wurde sanft eingeläutet und fand in der Flower Power Ära eine erste friedliche Gegenbewegung. Die Digitalisierung jedoch hat diesen Prozess dramatisch beschleunigt.

Gehen wir historisch einen Schritt zurück. Als die Familieneinkommen noch zum größten Teil für Essen und Wohnen aufgebracht werden mussten, hielten Eltern ihre Kinder an, auf die „Dinge“ zu achten, weil sie selten waren. Was für die vorindustrielle Zeit selbstverständlich war, behielt auch mit der beginnenden Industrialisierung seine Gültigkeit: Man achtete weiter auf die „Dinge“, weil sie trotz ihrer Entstehung in der Fabrik kostbar blieben. Aus diesem Grund wechselten Möbel und Hausgerät länger von Generation zu Generation, als man das heute gemeinhin wahrhaben möchte. Und bis zum Einsatz der Computer, bis zur Digitalisierung unserer Welt behielten Industrieprodukte diesen Stellenwert. Sie verloren ihn, als digitale Steuerungen in den Produktionsprozess eingriffen und ihn explosionsartig erhöhten.

Es erstaunt, dass die hoch beschleunigte, hoch effiziente Massenfertigung erst ein Produkt der vergangenen zwanzig Jahre ist, denn allgemein ist man davon überzeugt, gerade in diesen zwei Jahrzehnten hätte ein gesellschaftliches Umdenken eingesetzt. Recycling, erneuerbare Energien, Optimierung des Energieverbrauchs – die Schlagworte dieser Zeit verweisen auf das Ziel, Material und Energie zu sparen und dabei dennoch gleichwertige Ergebnisse in der Produktion zu erzielen. Entscheidend ist aber anderes: Die digitalisiert gefertigte Industriewaren haben für uns den ideellen Wert völlig verloren, obwohl sie ihren materiellen Wert über die Rückführung in den Kreislauf gesteigert haben.

Ist der Geist nur wieder einmal konservativer als die Materie? Vollzieht er den Wechsel nur verspätet nach? Wird also der ideelle Wert einzelner Industriegüter, zum Beispiel, der Wert eines Schuhs, sich früher oder später parallel zum Recyclingwert des Leders bewegen? Oder hat sich der materielle Wert von seinem ideellen endgültig getrennt? Und zwar in dem Sinne, dass nichts mehr ideellen Wert besitzt oder in Zukunft besitzen wird? Welche Auswirkung wird das auf die Gesellschaft haben? Fest steht: wir nutzen, ja wir genießen die Möglichkeiten, die uns das digitale Zeitalter bietet, aber wir hängen mit unseren Gefühlen nicht an den Maschinen, die diese Leistungen erbringen. Niemand liebt seinen CD-Player.

Wie man seit Adam Smith weiß, begründet sich der Wealth of Nations auf Arbeitsteilung. Industrieunternehmen haben diesen Prozess im Laufe der Zeit bis hin zur Perfektion verfeinert. Lange hielten dabei Menschen die Fertigung in ihren Händen. Aber auch wenn der einzelne Arbeiter von seinem Tun entfremdet war, so war er doch ein wichtiges Rad im Produktionsprozess: In seiner Unvollkommenheit setzte er ihm Grenzen. Vom ihm hing das Tempo ab, in dem die Maschinen liefen. Die Metallstanze etwa konnte nicht schneller arbeiten als der Mann, der die Bleche in sie einlegte.

Mit dem Akkord beschleunigte sich dieser Produktionsprozess. Aber erst als immer mehr Arbeiter vom Fließband abgezogen werden konnten, weil mechanische Automaten ihre Arbeit übernahmen, konnten Geschwindigkeit und Genauigkeit den Menschen übertreffen. Noch aber konnte er dem Tempo der Maschinen gedanklich und sinnlich folgen. Mechanik ist nachvollziehbar – wie sich überhaupt das mechanische Zeitalter insgesamt gedanklich begreifen lässt. Nebenbei beruhigt die Kausalität den Menschen: Tue dies, dann wird jenes geschehen, so hält man die Dinge unter Kontrolle.

Gerade diese Kontrolle aber ist zunehmend von den digitalen Steuerungssystemen übernommen worden. Entlastete sich der Mensch seit Beginn der Technisierung körperlich, indem er schwere Arbeiten von Automaten ausführen ließ, so entlastet er sich nun bei seiner intellektuellen Arbeit durch die Möglichkeiten, die ihm die Digitalisierung eröffnet. In der Industrieproduktion könnten die digitalen „Denkmaschinen“ die Produktionszahlen beliebig erhöhen, und wahrscheinlich wird der gesamte Produktionsprozess irgendwann von Maschinen übernommen werden: in einer Art Black Box, in die an einem Punkt Material hineingeworfen und am anderen Punkt das fertige Produkt abgeholt werden kann.

So ist der Mensch durch die Digitalisierung noch veralteter, als es der Soziologe Günter Anders bereits 1958 in seinem Buch „Die Antiquiertheit des Menschen“ für die Zukunft prognostiziert hatte. Datenfluss, Bits und Bytes haben längst Dimensionen angenommen, die nur von wenigen gedanklich nachvollzogen werden können, doch auch für diese wenigen gedanklich nicht wirklich greifbar sind, ähnlich wie der Weltraum.

Aber da wir Menschen zugleich sinnliche Wesen sind, macht uns das Ganze scheinbar kaum Probleme. Wir schätzen die CD und das digitale Fernsehen, digitale Rundfunksender und Verkehrsleitsysteme. Die Möglichkeiten der geistigen Arbeitserleichterung lassen wir uns nicht nehmen, weil wir uns angewöhnt haben, die allmähliche Übernahme der mechanischen Arbeit durch Maschinen als Segen zu betrachten – vom Taschenrechner angefangen bis zum Handy und PC.

Nur dieser Unterschied bleibt festzuhalten: Wir lieben unsere Maschinen nicht. Wir genießen die Musik, die im CD-Player errechnet wird, aber wenn der Disc-Player ausfällt, kaufen wir den Nächsten. Er wird, einer wie der andere, unbeachtet im Hifi-Rack verstaut. Anderen Industrieerzeugnissen geht es nicht besser – im Gegensatz zu dem schon lange nicht mehr funktionstüchtigen Tonbandgerät, von dem wir uns dennoch nicht trennen können, weil unser Herz daran hängt.

Lieben wir nur das, was wir zu verstehen glauben? Haben wir das mechanische Zeitalter, auch wenn es sich wissenschaftlich als ungenügend, im Quantenbereich sogar als falsch, erweist, deshalb emotional erleben können, weil es der eigenen Unvollkommenheit der Welterfassung ähnelt? Hat Emotion mit Unvollkommenheit zu tun? Wir lieben aber doch auch das Universum, das fraglos vollkommen ist –zumindest solange es nicht implodiert.

Die Wahrheit ist aber, wir lieben nicht die Wirklichkeit, die wir laut Kant ja ohnehin nicht kennen, sondern nur die Vorstellung der Wirklichkeit. Das gilt auch für unsere Vorstellung des Weltalls. Quasare, Fixsterne und sterbende Welten sind für uns, ebenso wie für eine Menschen der Frühzeit, lediglich helle Punkte auf einem dunklen Hintergrund. Das wir es besser wissen müssten, bedeutet eben nicht, dass wir es anders fühlen könnten. Digitalisierung ist der geniale Einsatz von Chiffren. Aber die Zeichen stehen für eine Wirklichkeit, die wir uns nur vorstellen. So ist Digitalisierung letztlich nur Interpretation der Interpretation. Warum sollte man sich darüber wundern, dass wir bei dieser Problemstellung längst die Leitsätze der Maschinen akzeptiert haben, wichtig sei nur, alles habe zu funktionieren. Egal, wie man zu den Ergebnissen gelange. Auch in den Gesellschaften. Alles wird irgendwie integriert, sei es Kritik oder Zustimmung. Humanität und Emotion dagegen verlieren sich im Unzweckmäßigen.

Kunst bewahrt, einem Museum gleich, die verloren gegangenen Verhaltensmuster von Emotionen oder Liebe. Die können oder wollen wir uns einfach nur noch in Filmen leisten, ansonsten erlauben wir es uns nicht mehr. Genauer betrachtet: Unbewusst, vielleicht sogar vorbewusst, arbeiten die Dramaturgen und Regisseurinnen bereits seit längerem ebenso am gemeinsamen gesellschaftlichen Projekt: Verlerne zu lieben. Das gilt von den Interpretationen, die Klassiker bei Neuinszenierungen erfahren, über den Experimentellen Film bis hin zu Hollywoodproduktionen.

Globaler zu denken erscheint notwendig, denn wer, wie sein Vater ein Leben lang einen erlernten Beruf ausüben will, findet sich bald auf dem Arbeitsamt. Wer nicht bereit ist, seinen Wohnort zu wechseln, innerhalb oder bald auch außerhalb seines Landes, wird zu den Verlierern gehören. Wer seine Familie ins Zentrum stellt, gelangt nicht an die Konzernspitzen. So muss klar sein, dass, um ein erfolgreiches gesellschaftliches Dasein zu führen, Emotionen gar nicht erst aufgebaut werden dürfen. Der Sprachkritiker und Philosoph Fritz Mauthner formulierte um 1900, dass das Wort für „lieb“ bald synonym für „dumm“ stehen werde. Die Unmöglichkeit, weiterhin lieb zu sein, liegt darin zu „lieben“ und gleichzeitig den Anforderungen der Moderne gerecht zu werden. Wer den Anforderungen seiner Zeit nicht genügt, obwohl er es könnte, wird wie ein moderner Don Quichotte bald als „dumm“ gelten. Denn koppelt man sich vom Fortschritt ab, sperrt man nicht sich nur offensichtlich gegen das Neue, das technisch nachweisbar Bessere. Das bewerten Zeitgenossen bestenfalls mit Kopfschütteln, aber dass man ihnen und sich selbst aber die Möglichkeit raubt, zu produzieren und zu verkaufen, kommt einer existenziellen Bedrohung gleich.

Und neben dem Mangel an Geld gibt es auch kaum einen einsehbaren Grund, sich nicht das Bessere zu gönnen. Es sei denn, das Herz hinge an etwas. Um ein Beispiel zu benutzen: Wer bliebe in einer Zweizimmerwohnung, wenn er in eine Vierzimmerwohnung umziehen könnte. Wer aber bliebe dort, wenn er ein Haus bekäme. Und wer tauschte es nicht sofort mit einer Villa. Wir sind - gedanklich und faktisch - so schnell zum Wechsel bereit, weil uns der Glaube leitet, der einzelne Gegenstand nütze uns nichts, sei es Wohnung oder Villa, denn auch die Villa kann dem Vergleich zur Villa im Grünen nicht standhalten. Uns „nützt“ nur noch der Wandel, gesellschaftlich wie privat.

Wir sind so weit, nicht mehr das einzelne Objekt, sondern Abstrakta als Schönheit erleben zu müssen. Wechsel oder Wandel, Geschwindigkeit oder Kapitalerhöhung sind reine Begriffe. Wir leisten uns zwar das neue Haus, Auto oder Kleid, Emotionen aber soll der abstrakte Vorgang des Kaufs auslösen.

Das braucht erzieherische Vorbedingungen. Kinder spielen nicht mehr im Wald, sondern im Cyberspace. Dort erschießt man Feinde, Hühner oder Fantasiewesen. Der Abschuss jedoch ist kein brutaler Akt gegen das immateriellen Gegenüber, sondern richtet sich gegen den Spieler selbst. Man muss verlernen zu lieben. Nicht eine Puppe, zwanzig von ihnen. Das reduziert das Verlustgefühl im Falle eines Falles.

Wir verlernen die Liebe, weil auch wir überleben müssen. In einer Welt, in der reiner Geist zu herrschen beginnt. Und immer schon ging es darum, sich gegen die vorgefundenen Wirklichkeiten zu behaupten. Wir haben durch die Digitalisierung die Fähigkeit zu höchster Produktivität. Ob wir recyceln oder neu schaffen, Hauptsache wir produzieren. Dieser Zustand ist nur gedanklich zu überstehen, und da das Herz schon immer schwächer war als die Vernunft, ein paar literarische Ausnahmen beiseite gelassen, beugen wir uns. Zur Zeit sind wir nicht einmal theoretisch in der Lage, dies zu ändern. Weder, was den inneren Zustand der Gesellschaften, noch was die Nationen angesichts der steigenden Weltbevölkerung, untereinander angeht. Und wenn die Ressourcen ausgehen? Dann kann sich wirklich jeder glücklich schätzen, der die Fähigkeit zu lieben verlernt hat. Wobei Glück ein ähnliches Problemfeld betrifft. Glück ist Augenblickssache, soweit geben wir es noch zu. Ansonsten dürsten wir nach Neuigkeiten, nicht nach Vertrautem und Bewährtem. Filmstars wir Marilyn Monroe sind in unsere Zeit gar nicht mehr denkbar. Ein neuer Film, das selbe Gesicht. Bei dritten mal langweilt es uns. Und alles können wir ertragen, nur keine Langeweile. Sie ist zum Synonym für Stillstand geworden. Wir wollen keine Symbole mehr, weil sie uns daran hindern, flexibel zu sein. So erfährt auch Moral eine Neudefinition: Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des gesellschaftlichen Lebens im steten Wandel. Das ist Alltagserfahrung. Der Supermarkt hat seine Regale (schon wieder) umgestellt. Die Modellreihen der Autohersteller jagen sich von Präsentation zu Präsentation. Der Fußballspieler, gerade noch in deiner Mannschaft, spielt schon nächste Woche gegen dich. Letztlich sind wir selbst zu den Repräsentanten der abstrakten Vorgänge geworden. Liebe braucht das zu liebende Objekt, wir brauchen das Vermögen, Objekte zu relativieren. Dieser Triebverzicht aber fällt schwerer als die bisherigen. Denn bisher waren die Verzichte in die Vernunft integrierbar oder konnten (heimlich) umgangen werden. Beim kleinsten Streit ein Duell auszufechten oder Opfer der Vendetta zu werden, war schon früher nicht jedermanns Sache. Und sexuelle Schranken zu umgehen, wussten Männer und Frauen zu allen Zeiten. Doch jeder gesellschaftliche „Fortschritt“ stellt Forderungen an die Einzelmitglieder. Bisher gelang es dabei, öffentliche von privater Forderung zu trennen. Glaube, Liebe, Hoffnung blieb dem Wohnzimmer überlassen. Die Fähigkeiten der Arbeitwelt lauteten dagegen: Gespür, Durchsetzungsvermögen und Analistik. Heute gilt für beide Bereiche:

Wissen um die Veränderlichkeit der gültigen Bedingungen sichert das existenzielle Überleben. Wissen ist notwendigerweise emotionslos. Hier geht es allein um Vorgänge, Verhalten, Abläufe. Heute erleben wir diese Zustandsbeschreibungen überall in unserer alltäglichen Welt. Wie bewegt sich die Börse, was sagt der Markt, wie lauten die Einschätzungen zu diesem und jenem. Weil die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaften in beiden Bereichen die selben Bedingungen stellt, lassen sich die Grenzen der öffentlichen und privaten Welt nicht mehr aufrechterhalten: Der Konsens der gesellschaftlichen Mitglieder darüber zieht sich durch alle Schichten und Parteien. Er lautet: Weg vom konkreten Objekt, hin zur Abstraktion. Die Jugendsprache verrät diese Tendenz ohne Scheu, vom „Lover“ (statt dem Geliebten) bis zu Ausruf des Erstaunens wie „Krass“ (was positive wie negative Ereignisse und/oder Gegenstände bezeichnen kann.) Aber auch sonst haben wir uns ans Ungegenständliche gewöhnt, sei es an den bargeldlosen Geldverkehr, den Aktienmarkt oder jegliche Form von Simulationsmodellen. Chipkarten, Magnetstreifen oder Barcodes jedoch sind lediglich Zeichen, die auf die jeweilige Wirklichkeit verweisen. Sie sind nicht die Wirklichkeit selbst. Das fällt am unangenehmsten bei Datenfehlern oder Strafsachen auf: Anlagebetrüger konnten ihre Opfer vor allem deshalb ködern, weil das konkrete Objekt, auf das sich die Geldeinlage beziehen sollte, nicht mehr fest genug im Bewusstsein des Anlegers verankert war. Die Betrogenen nahmen einfach an, das sich die erworbenen Anteile der Wohnungen, der Häuser oder Bohrgeräte schon irgendwo befinden würden. Es ist nicht leicht, in diese Welt des Unkonkreten einzudringen. In den Chefetagen versuchen Seminare zu vermitteln. Im Managertraining wird beim Klettern auf Felsen oder beim Überqueren von Hängebrücken versucht, mit Hilfe dieser erfahrbaren und schönen, aber doch verlorenen Welt, abstrakte Begriffe wie Tatkraft oder Erfolg anschaulich zu machen. Man hat zu allen Zeiten versucht, abstraktes in konkreten Bildern zu verdeutlichen. Allegorie nennt es die Kulturwissenschaft. Amor stand für die Liebe, Aphrodite für die Schönheit, Athene für Klugheit. Auch der Verzicht auf die Liebe, als Forderung an den modernen Menschen, wird allegorisiert, selbst im Trivialsten: Die Interessanten und die Reichen, gerade noch im Lokal, schon auf der Jacht, dann im Club. Wir lassen sie, als unsere Stellvertreter, dieses moderne Leben austesten, weil wir uns - aus reinstem Eigeninteresse - für die eingeschlagenen Strategien interessieren. Schon lange übernehmen wir die ersten Ergebnisse: Feiern und sich zu berauschen hilft beim Bewusstseinsverlust. Dabei können Beziehungen nicht sehr stabil bleiben. Auch das lebt man uns vor: Heute die, morgen jenen.

 

Zurück bleibt eine tiefe Sehnsucht, die sich im Ungefähren verliert.

 

Stuttgarter Zeitung im November 2003. Autoren: © Claire Beyer/Horst Dillmann